Big Data, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz sind in aller Munde. Während sich viele Branchen diesen Fortschritt bereits zunutze machen, bleiben bestehende Möglichkeiten in der Rechtsbranche bisher größtenteils ungenutzt. Doch es kündigt sich Veränderung an und Legal Analytics spielen hierbei eine bedeutende Rolle. Aber was steckt hinter juristischer Datenanalytik und wie kann sie zur Steigerung des Geschäftserfolgs eingesetzt werden?
Wie die meisten neuen Entwicklungen, lassen sich auch Legal Analytics für „Neulinge“ zunächst schwer greifen. Generell gesprochen, erfassen Legal Analytics alle Möglichkeiten der Datenanalysen und statistischen Methoden im Recht, um juristische Fragestellungen besser zu verstehen und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Mithilfe von Technologien wie maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz können Legal Analytics Rohdaten sortieren, strukturieren und analysieren. Hierdurch wird Ordnung in das Daten-Chaos gebracht. Gleichzeitig können Erkenntnisse gewonnen und Trends entdeckt werden. Die Daten für Legal Analytics stammen aus verschiedenen Quellen wie beispielsweise Gerichtsakten, Gerichtsentscheidungen und kanzleiinternen Dokumenten. Mit Legal Analytics lässt sich beispielsweise leichter beantworten, ob es sinnvoll ist, ein Mandat zu übernehmen, wie lange Verfahren durchschnittlich dauern, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmter Antrag Erfolg hat oder ob ein Angebot der Gegenpartei angenommen oder weiter prozessiert werden sollte.
Zoomen wir in den Kanon der Möglichkeiten von Legal Analytics rein, können wir heutzutage vier Hauptanwendungsmöglichkeiten für die juristische Datenanalytik ausmachen. Wir unterscheiden zwischen der deskriptiven, der diagnostischen, der prognostischen und der präskriptiven Datenanalyse. Tools für die Rechtsanalyse helfen Anwält:innen, datengestützte Erkenntnisse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen.
Um oben genannte Fragen mithilfe von juristischer Datenanalyse zu beantworten, benötigen wir Daten. Doch woher entnehmen wir die erforderlichen Informationen? Hierauf gibt es keine abschließende Antwort, denn die vorhandenen Datenquellen sind vielfältig. Eine besonders übergeordnete Rolle spielen hierbei Prozessdaten, die sich aus Quellen wie Gerichtsakten und Rechtsdokumenten, einschließlich Gerichtsurteilen, Klageschriften und anderen Schriftsätzen extrahieren lassen. In gesammelter, digitaler Form können wir die Daten analysieren und aus ihnen zahlreiche Erkenntnisse gewinnen. Darüber hinaus werden für Legal Analytics auch rechtliche Fachliteratur, Rechtskommentare und Gesetzesbücher als Informationsquelle herangezogen.
Eine weitere nicht zu unterschätzende Datenquelle sind interne Dokumente aus Kanzleien, Rechtsabteilungen in Unternehmen oder anderen (juristische) Organisationen. Heutzutage wird immer noch häufig unterschätzt, über wie viele Informationen Kanzleien und Co. intern bereits verfügen. Diese bieten sich hervorragend zur juristischen Datenanalytik an.
Nun wissen wir, was Legal Analytics sind und woher die zur Analyse verwendeten Daten stammen. Doch wer kann aus Legal Analytics für seinen Arbeitsbereich tatsächlich einen Nutzen ziehen? Die kurze Antwort hierauf lautet: Alle. Im Folgenden schauen wir uns deshalb einige Personengruppen an, deren Tätigkeitsbereich durch Legal Analystics wesentlich verändert und revolutioniert werden kann und welche Anwendungsfälle in den verschiedenen Bereichen existieren.
Die größte Gruppe mit wohl den meisten Anwendungsbereichen stellt die Anwaltschaft dar. Juristische Datenanalytik bietet Anwält:innen eine Vielzahl von Möglichkeiten, ihre Arbeit effektiver und effizienter zu gestalten. Hierzu zählen vor allem eine schnellere Fallbearbeitung und eine zielgerichtetere juristische Strategieentwicklung.
Anwaltskanzleien können Rechtsdatenanalyse auf unterschiedliche Weise, abhängig von der Größe der Kanzlei und den Tätigkeitsbereichen, nutzen. Obwohl die Methodik komplex erscheinen mag, ist das Ziel simpel: Anwält:innen zu ermöglichen, fundierte, datengestützte Entscheidungen zu treffen, um ihren Erfolg zu maximieren. Dort, wo Anwält:innen mit Fragen konfrontiert werden, können Legal Analytics ihnen dabei helfen, mit datengestützten Prognosen bessere und schnellere Antworten zu finden.
Im Folgenden finden Sie drei praktische Anwendungsbereiche, bei denen Legal Analytics-Tools die Anwaltschaft unterstützen können.
Legal Analytics bieten Anwält:innen die Möglichkeit, ihre Entscheidungsfindung datenbasiert zu optimieren. Durch den Zugriff auf umfangreiche Datenbestände gewinnen sie wertvolle Einblicke in historische Gerichtsentscheidungen, Fallausgänge und rechtliche Trends. Wie haben welche Gerichte in der Vergangenheit zu bestimmten rechtlichen Fragen entschieden? Datenbasiertes Wissen hierüber führt dazu, dass Anwält:innen ihre Argumentationslinie untermauern und die Erfolgsaussichten eines Mandats besser einschätzen können.
Ein weiteres Potenzial der Datenanalyse besteht darin, Risiken und Chancen zu identifizieren. Anwält:innen können denkbare Schwachstellen in einem Fall erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese zu minimieren. Positive Trends und Entwicklungen können im weiteren Verlauf zu einem Vorteil für ihre Mandant:innen führen. Dieses extrahierte Wissen ermöglicht es Anwält:innen letztlich, fundierte strategische Entscheidungen zu treffen und ihre Argumentation zu stärken.
Das Thema Kostenoptimierung innerhalb einer Kanzlei hat mehrere Dimensionen. Die meisten Kosten lassen sich wohl vermeiden, wenn wir eine Frage stets im Auge behalten: Ist es aus finanzieller Sicht sinnvoll, ein bestimmtes Mandat zu übernehmen? Anwält:innen gelingt es, durch den Einsatz von Datenanalyse und Prognosemodellen, die vorhandenen Ressourcen besser zuzuweisen und unnötige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung von Zeit und Geld. In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung, welche Mandate nicht übernommen werden sollen, womöglich noch wichtiger, als die, welche Mandate übernommen werden sollen. Durch den Einsatz von Analysetools können Anwaltskanzleien die wahrscheinlichen Kosten eines Mandats gegen den potenziellen finanziellen Nutzen abwägen. Auch wenn es auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheint, kann es sinnvoll sein, ein Mandat mit einem niedrigeren Streitwert anzunehmen, da die Vorabkosten deutlich geringer sein können. Anhand dieser Daten können die Kanzleien entscheiden, welche Mandate angesichts ihrer aktuellen Arbeitsbelastung und finanziellen Situation am sinnvollsten sind.
Juristische Datenanalyse ermöglichen es Anwält:innen, mithilfe von statistischen Modellen und Algorithmen Prognosen über den Ausgang eines Falles zu treffen. Durch die Analyse von ähnlichen Fällen aus der Vergangenheit können sie die Erfolgschancen einer bestimmten Strategie bewerten und ihre Vorgehensweise entsprechend anpassen. Wann war in ähnlich gelagerten Fällen der richtige Zeitpunkt dafür, verschiedene Prozesshandlungen vorzunehmen? Basiert die Antwort auf diese Frage heute noch allzu oft auf Vermutungen und Intuition, lässt sich der optimale Zeitpunkt für bestimmte strategische Schritte bereits durch juristische Datenanalytik bestimmen.
Mit diesen Analyseergebnissen können sich Anwält:innen auf harte Daten stützen, um wichtige strategische Entscheidungen während des gesamten Prozesses zu treffen. Mit einer großen Menge an Daten bieten Legal Analytics auf der Grundlage der Art des Antrags, der Gerichtsbarkeit, der entscheidenden Richter:innen, der gegnerischen Anwält:innen und einer Vielzahl anderer Faktoren Orientierungshilfen. Auf diese Weise verhelfen Legal Analytics Anwält:innen dazu, ihr Bauchgefühl mit aussagekräftigen Daten zu bestärken.
Werfen wir einen Blick in Rechtsabteilungen deutscher Unternehmen, sehen wir, dass auch dort ähnliche, meist wirtschaftliche Fragestellungen aufgeworfen werden. Auch hier lautet das Ziel: Optimierung. Wie tragen Legal Analytics nun zu einer solchen Verbesserung in Rechtsabteilungen bei?
Durch die Analyse von rechtlichen Daten wie Gerichtsentscheidungen, Rechtsvorschriften und regulatorischen Änderungen können potenzielle Risikobereiche in Rechtsabteilungen frühzeitig identifiziert und bewertet werden. Um solche Risiken zu minimieren und Compliance sicherzustellen, können auf Grundlage der Legal Analytics geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Genau wie bei der Kostenoptimierung in Anwaltskanzleien bedarf es auch in Rechtsabteilungen eines Überblicks über die eigene Kostenstruktur, um effizientere Ergebnisse zu erzielen. Fehlende Kontrolle über entstehende oder wiederkehrende Kosten gehört der Vergangenheit an. Denn durch die Analyse abgeschlossener Fälle und damit einhergehender Ausgaben können Budgets präziser geplant und Ressourcen effizienter eingesetzt werden. Damit werden unnötige Kosten reduziert und eine erfolgreiche Rechtsabteilung geführt.
Neben den genannten Aspekten spielt das Vertragsmanagement eine bedeutende Rolle in Rechtsabteilungen. Daher mutet es seltsam an, dass dieser Tätigkeitsbereich noch nicht in allen Rechtsabteilungen Einzug gehalten hat. Wenn man sich dazu vergegenwärtigt, dass durch Legal Analytics Muster, Trends und Risiken in Verträgen in einer ungeahnten Geschwindigkeit erkannt werden können, darf dieser Posten nicht länger unbesetzt bleiben. Vertragsmanager:innen verhandeln mithilfe von analysierten Vertragsdaten bessere Vertragsbedingungen und identifizieren darüber hinaus notwendige Vertragsverlängerungen oder Kündigungen.
In einem bestimmten Bereich ändert sich die Rechtsprechung? Mit Legal Analytics sind Verträge, die hiervon betroffen sind, schnell identifiziert und aktualisiert. Veraltete und dadurch angreifbare Verträge verabschieden sich von der Bildfläche. Notwendige Voraussetzung ist jedoch auch hierfür das extrahierte Wissen aus einschlägigen Gerichtsentscheidungen.
Dass die Digitalisierung auch viele Chancen für die Justiz bietet, ist kein Geheimnis mehr. Dennoch bereitet ihre Implementierung große Mühen. Effizienzsteigerung und Transparenz sind nur einige Gründe, weshalb sich diese Mühen jedoch lohnen.
Immer häufiger hören wir davon, dass die Justiz überlastet ist. Die Lösung hierfür: Verfahren beschleunigen und Verzögerungen reduzieren! Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Doch Legal Analytics können der Justiz – wie auch den zuvor genannten Anwender:innen – helfen, Workflows zu implementieren und effizienter zu gestalten. Durch den Einsatz von Datenanalyse können Richter:innen schnell auf relevante Rechtsinformationen zugreifen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Durch die Analyse vergangener Gerichtsentscheidungen können statistische Modelle entwickelt oder gesammelte Durchschnittswerte von beispielsweise Schadensersatz- oder Streitwerten ermittelt werden. Mithilfe von Legal Analytics können Gerichte also sehen, wie andere Gerichte ähnlich gelagerte Fälle entschieden haben, vergleichbare Argumente für vergleichbare Fälle übernehmen und gewisse Prognosen über den Ausgang eines Falles treffen. Dies ermöglicht eine objektivere und einheitlichere Entscheidungsfindung und stärkt zugleich die Konsistenz der Rechtsprechung – Gleiches wird gleich behandelt. Doch wieso sollten Fallausgänge prognostizierbar werden? Nicht zuletzt das Argument der Rechtssicherheit sollte an dieser Stelle wohl überzeugen.
Erhöhte Vorhersehbarkeit und Konsistenz der Rechtsprechung hat unmittelbare Auswirkungen auf das Vertrauen der Bevölkerung in das Rechtssystem. Öffentlich zugängliche Justizdaten sind mithilfe von Legal Analytics ohne großen Mehraufwand erstellbar. Dies fördert die Transparenz der Justiz und ermöglicht es, Informationen über Gerichtsverfahren, Urteile und rechtliche Entwicklungen für Bürger:innen zugänglich zu machen. Dadurch wird das Vertrauen in das Rechtssystem gestärkt und die demokratische Teilhabe gefördert.
Weitere Anwendungsbereiche für Legal Analytics finden wir, wenn wir uns die Berufsbilder von Versicherungen und Prozessfinanzierer anschauen. Risikobewertungen, Schadens- und Portfolio-Management, aber gerade auch der Bereich der Vorhersehbarkeit von Prozessausgängen ist hier besonders relevant. Rentabilität ist das entscheidende Wort. Denn mit den Erfolgsaussichten steht und fällt vor allem die Wirtschaftlichkeit eines Falls. Für Versicherungen ist es daher essentiell, auf Daten zurück zu greifen, die es vermögen, Auskunft über die Wahrscheinlichkeit von Klagen und Schadensersatzansprüchen zu geben. Für Prozessfinanzierer gilt dasselbe im Hinblick auf Risiken und potenzielle Erträge. Solche Daten, die mithilfe von Legal Analytics fruchtbar gemacht werden, helfen wesentlich bei der Beantwortung der Frage, welche Fälle versichert bzw. finanziert werden sollen.
Auch bei der Verwaltung des eigenen Portfolios sind die Ansätze von Legal Analytics goldwert. Denn die Analyse von vergangenen Schadensfällen kann Muster und Trends identifizieren, um Betrugsfälle zu erkennen und effiziente Regulierungsprozesse einzuführen. Auf diese Weise lassen sich auch hier Kosten einsparen und die Rendite verbessern.
Zu guter Letzt profitieren auch die Bürger:innen von den Entwicklungen, die juristische Datenanalysen mit sich bringen. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Verwender:innen, bei denen Legal Analytics oftmals mit Effizienz und Optimierung verknüpft werden, steht hier der Einblick in unser Rechtssystem an vorderster Stelle. Juristische Laien sollen die Möglichkeit bekommen, das Recht zu verstehen und darüber hinaus ein besseres Verständnis für den Justizbetrieb zu entwickeln. Durch die Analyse von veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ähnlichen Fällen können sie ihre Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang eines Rechtsstreits besser einschätzen.
Dieses entwickelte Vertrauen in die Justiz kommt letztlich dem ganzen Rechtssystem als solches zu Gute. Denn Wissen führt zu demokratischer Teilhabe.
Die Führung eines jeden Unternehmens, einer jeden Anwaltskanzlei erfordert eine Vielzahl von Entscheidungen. Jede einzelne Entscheidung hat bedeutende Auswirkungen, nicht selten mit unbeabsichtigten Folgen, wenn die Entscheidung auf individuellem Wissen und dem allseits bekannten Bauchgefühl fußt. Indem sie sich der wachsenden Gruppe von Anwender:innen anschließen, die juristische Analysetools verwenden, können die genannten Personengruppen sicherstellen, dass sie fundierte Entscheidungen treffen, die ihre Praxis auf die nächste Stufe heben.
Ein solches Analysetool in Form einer Plattform zum Teilen und Analysieren von Gerichtsentscheidungen bietet die iur.crowd. Die Plattform setzt bereits bei der fehlenden Veröffentlichung der benötigten Daten an. Da weniger als 1 % der Gerichtsentscheidungen in Deutschland veröffentlicht werden, fehlt es an einer Grundlage für Legal Analytics in Deutschland. Die iur.crowd sammelt die Gerichtsentscheidungen und pseudonymisiert sie automatisch. Auf diese Weise ist die Anwendung DSGVO-konform und schützt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse effektiv. Die iur.crowd analysiert die hochgeladenen Gerichtsentscheidungen und liefert Legal Analytics.
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